An einem Ort, etwa drei Tagesreisen von Kathmandu entfernt, nach fünf Stunden in einem vollgepackten Jeep durch die Berge, auf Pisten und durch Flüsse, die so tief sind, dass Wasser in den Laderaum dringt, und schließlich eine anderthalbstündige Wanderung über wackelige Steinwege kamen wir in ein kleines Stück Paradies. Wir erreichten das Camp mit dem letzten bisschen Tageslicht und konnten gerade noch die Schatten einiger Zelte ausmachen, mehrere Feuer brannten und von irgendwo her tönte Musik. Durch die gesamte Lichtung mäandern kleine Flüsse und Bäche, sie erschaffen ein Labyrinth von überschwemmten Gebieten und trockenen Inseln. In dem zentralen Campareal hatten wir schnell einen Zeltplatz für die erste Nacht gefunden, erschöpft von der Reise und überwältigt von dem Glück endlich in dieser lang-ersehnen Gemeinschaft angekommen zu sein, finden wir ein Feuer in der Nähe, um uns mit etwas Tee aufzuwärmen. Mom-Camp heißt uns mit heißem Tee, Pfeifen und den tiefen klängen eines Didgeridoos willkommen, noch bevor der letzte Essenskreis-Ruf ertönt, können wir unsere Augen nicht offenhalten und ziehen uns ins Zelt zurück. Erst am nächsten Morgen können wir die volle Schönheit dieses Ortes erfassen und komplett in die liebevolle Rainbow-Stimmung eintauchen. Als wir die Morgensonne in unser Zelt lassen, läuft ein Bruder, welchen wir auf dem Gathering in Marokko kennengelernt hatten, verschlafen an uns vorbei und ich fühle mich schon zuhause, bevor ich mich für meine Einstiegsmeditation ans Hauptfeuer begebe.
Dieser Ort, den die Suchtruppe für uns gefunden hat, ist wirklich atemberaubend und ungewöhnlich schön, sicher ist Nepal hauptsächlich für seine wunderschöne Natur bekannt doch so gut wie kein Tourist begibt sich an diesen Ort und er hat so eine behütete und makellos Energie – perfekt um ein alternatives Lebens Gathering abzuhalten. Im Norden und Osten kriecht der Dschungel die hohen Berge hinab zum Hauptcamp, wir sind von Süden her gekommen durch dichten Wald und an zwei größeren Seen vorbei und im Westen befindet sich ein Feuchtgebiet mit Flüssen und Sümpfen, so verzweigt, dass nur ein halbwegs trockener Pfad hinunter zu einer zweiten strahlenden Ebene führt, diese ist wiederum auf drei Seiten von Wald und Bergen eingefasst. Am Morgen gibt es wärmenden Sonnenschein und mein tägliches Bad im Fluss neben unsere Campingstätte, es gibt unzählige Tassen Tee die herumgereicht werden, unzählige Ebenen zu den Gespräche die geführt werden, es gibt fünf Wildpferde die durch das Camp pesen oder auf der unteren Lichtung grasen, es gibt Millionen Sterne am klaren Nachhimmel, es gibt einen kleinen Markt von den Dorfbewohnern wo Piraten sich eindecken können, es gibt Baba-Camp, French-Camp und das heimeligste Princess-Camp; Essenskreisrufe ertönen über die Ebene, Workshops und Shillum-Kreise werden abgehalten, es gibt immer etwas zu tun, immer eine Umarmung, alles ist an diesem Ort. Die ganze Gemeinschaft ist eine Familie und lebt offen nach dieser Ansicht, doch in unserem eigenen Princess-Camp haben wir eine besonders starke Fürsorge, diese wird mit uns weit über die Grenzen von Orten, Zeit und der ursprünglichen Gruppe hinaus Reisen und Liebe in verschiedene Ecken der Welt bringen.
Wir haben unser Zelt zwischen den Bäumen aufgeschlagen, um morgens etwas Schutz vor der Sonne und nachts vor dem Tau zu haben, die große Hängematte schafft einen kleinen privaten Ort, um in meiner eigenen Energie zu sein, diesen brauche ich von Zeit zu Zeit, um all die Erfahrungen und Energien der Familie aufnehmen zu können. Diese Rainbow ist groß, zahlreiche Camps sind über die Lichtungen verteilt und so viele Menschen möchten ihr Wissen und ihre Liebe teilen, sie veranstalten Frauenkreise, Mantra Gesänge, Kambo Informationsworkshops, es wurde eine Temazcal gebaut und zelebriert und obendrein wir immer Feuerholz und Hilfe in der Küche benötigt, so dass es unmöglich ist ein Teil von allem zu sein, dass einen ruft und Gespräche und Musik halten mich immer wieder fest. Wieder in diese alternative Realität einzutauchen, gibt mir Hoffnung in die Möglichkeit auf gemeinschaftliches Leben. Natürlich sind auch hier Menschen nicht befreit von Ihren Schwächen, doch als der Rucksack eines Bruders versehentlich in der Verschenke-Ecke landet und einige gierige Hippies sich schnell bedienen, kommt die Familie zusammen, um aufzufangen was verloren ging, denn dies ist eine Familie und wir geben aufeinander acht. Wenn eine Schwester auf dem Markt kein Kleingeld mehr hat, kauf ein Bruder ihr den Apfel und bekommt dafür ein breites Dankeslächeln. Neuankömmlinge werden mit einem liebevollen „Willkommen Zuhause“ und Umarmungen aufgenommen und Menschen, die Ihren Rucksack aufsetzen werden mit „wir sehen uns in fünf“ und „wir lieben euch“ Versprechen in die Welt entlassen. Zu Menschen, die diese Erfahrungen noch nicht gemacht haben, ist die Magie schwer zu beschreiben, und für diejenigen die sie gemacht haben, sind sie unvergesslich. Ich könnte unendlich über das Teilen und füreinander Sorgen, welches hier herrscht, weiterschreiben und du kannst das Leuchten in meinen Augen dabei nicht sehen.
Da ich Zurzeit an einem Buch über die Menschliche Geschichte und Zukunft arbeite, ist dieser Ort eine ganz besondere Quelle für Gedanken über unsere sozialen Möglichkeiten, die Möglichkeit tatsächlich in einer Gemeinschaft zu leben in welcher wir hinter das Ego unseres Gegenübers sehen können wo wir in Liebe und Verbindung statt Angst vor Verlust Leben können. Wenn ich hier einem Fremden meine Seele ausschütte und Mitgefühl und ehrliche Gespräche dafür bekomme, danach weiter gehe mit dem Gefühl von Verbindung, geliebt und für das, was mir schwer fällt geschätzt zu sein, dann kommt mir der Hass und Kampf, der in der Welt so unnötig vor, dass es änderbar sein muss.
