Agadir war für mich ein großartiger erste Ort, um in diesem neuen aufregenden Land anzukommen. Für alle die allein unterwegs und ohne Auto auf der Suche nach Abendteuer sind und vielleicht auch nicht so viel Zeit haben, sind zwei Wochen wahrscheinlich etwas viel, aber für mich war es perfekt. Ich habe eine Freiwilligenstelle in Ahmeds AirBnB gehabt dort bin ich von ihm und seiner Familie unglaublich freundlich aufgenommen worden und habe eine tolle Einführung in die Kultur und das marokkanische Leben gehabt. Wenige Tage nach meiner Ankunft hatte ich die Möglichkeit bei einer Hochzeit dabei zu sein.
Eine Nacht Kulturshock
Um die Ecke gab es einen kleinen Schneider, wir Frauen des Hauses entschieden uns je für ein langes, aufwändig besticktes Kleid in verschiedenen Farben und für 100 dhm inklusive passendem Gürtel waren wir passend eingekleidet. Gegen 7 Uhr abends, am Hochzeitstag waren wir im Dorf der Familie. Dort wurden wir mit Tee, Brot, Oliven, Honig, Datteln und allerlei empfangen, bevor wir uns fertig machten und in die Stadt zur Festhalle auf ging. Die Frauen und Männer nahmen getrennt Platz, zwischen Musik und Brautschau wurde traditionell Essen an Gruppentischen serviert. Während den Festlichkeiten erschien die Braut in sieben verschiedenen Kleidern, zunächst aufwendig bestickte Gewänder in verschiedenen Farben, dann ein Kleid aus der Amazigh Kultur sowie ein Sahara Kleid und zum Abschluss ein weißes Hochzeitskleid. Um etwa 10:30 erschien sie zum ersten Mal auf einer Sänfte die farblich zum Kleid passte, als wir uns um 5 Uhr morgens auf den Heimweg machten, war die Prozedur der Schau, eingebunden in musikalische Beiträge, Tanz, und unendlich vielen Fotos vom Fotografen und allen Familienmitgliedern noch lange nicht vorbei. Im Auto zurück nach Agadir kam ich nicht drum herum mich zu fragen ob so eine getaktete Hochzeit, wo die meisten Menschen gingen, bevor das frisch gebackene Ehepaar nur seine familiären Pflichten erfüllte hat, ihnen wirklich gefallen konnte. Dies war sicherlich eine der intensivsten, traditionell marokkanischen Erfahrungen, die ich hier machen würde und ich bin sehr dankbar dafür.
Das Haus von Ahmed befindet sich in einem Wohngebiet am Rande der Stadt. In nur 10 min läuft man zu einer größeren Hauptstraße mit Einkaufmöglichkeiten, Boutiquen, Cafés und Restaurants, besonders empfehlenswert ist die Harira Suppe und natürlich der marokkanische Minztee in dem Restaurant auf der Ecke. In der Umgebung gab es ansonsten nicht viel außer kleine Läden und Werkstätten aller Art, Straßenküchen und einen super, frischen Markt, der aber leider nicht genehmigt war und in meiner zweiten Woche dort von der Polizei vertrieben wurde. Hier habe ich einen einzigartigen Einblick und ein Gefühl für das ruhige Leben der Einheimischen bekommen, abseits von Hotels und penetranten Händlern.
Am Strand in Agadir ist die Promenade gesäumt von riesigen Hotels internationaler Ketten, mit Pools, schicken Restaurants und eigenen Strandabschnitten. Der Stadtstrand erstreckt sich über die ganze Bucht, im Norden begrenzt durch den Hafen und im Süden von einem Golfplatz. Obwohl sich in an dem breiten weißen Sandstrand überwiegend ältere Menschen wegen dem milden Klima und Familien wegen dem ruhigen Meer zusammenfinden, trifft man alle möglichen Reisenden aus der ganzen Welt. Jetzt im Oktober flanierten jedoch hauptsächlich Familien und Einheimische.
Eine Straße Stadteinwärts auf dem „boulevard du 20 Aout“ erstrecken sich teuflische Bars, Nachtclubs und Casinos (Alkohol, Glücksspiel sowie lockere Bekanntschaften und flirten mit dem anderen Geschlecht sind in der heutigen, offiziellen, stark muslimisch geprägten, marokkanischen Kultur nicht gern gesehen). Da diese extravaganten Konsumeinrichtungen ohnehin nicht so meins ist, erlebte ich nur einen Abend „la bodeguita“ mit Freunden aus dem Hostel und Couchsurfing. Dieser etwas runtergerockte Laden mit überwiegend Männern allen Alters, einigen Reisenden und Livemusik erschuf eine surreale aber recht angenehme Atmosphäre. Andererseits hörte ich öfter das der englische Pub in der Nähe eine gute Ausgehmöglichkeit sei.
Surfen ist in der Bucht von Agadir nicht so gut möglich aber am Südende gibt es eine Surfschule und Verleih, wo Anfänger bei guten Bedingungen auf Ihre Kosten kommen können. Zum Surfen eignen sich Taghazout und Tamraght um einiges besser, hier gibt es Surfshops, Hostels, Verleih und Schulen zu genüge und überwiegend stabile Konditionen an verschiedenen Spots in der Bucht und Umgebung. Von Agadir sind die Orte einfach mit dem Bus von „Batoir Station“ in 30 bzw. 50 min zu erreichen. Auch für einen Tagesausflug aus der Stadt lohnt es sich die kleinen, lebhaften Surforte wo Einheimische, Zugezogene und Reisende für Tage, Monate oder Jahre ein besonderes Leben genießen.
In der Stadt selbst fand ich den großen „Souk El Had“ und „Ibn Zaidoun“ Park am beeindruckendsten. Der Markt ist die wichtigste Einkaufsmöglichkeit für die Bewohner und Besucher von Agadir. In den vielen verzweigten Gassen, an hunderten Ständen und Buden werden Schlüssel geschnitten, Kleider und Hauswaren geschneidert, kalte und warme Speisen oder Getränke zubereitet und alles verkauft von Lebensmitteln über Neu- und Gebrauchtwaren aller Art, hin zu Arganöl, Lederwaren, Schmuck und Drogerie Artikel. Im Idealfall nimmt man sich ein paar Stunden Zeit, um in aller Ruhe in dem großen Markt umherzustreifen, Kekse, Früchte und allerlei zu probieren, das Treiben zu beobachten und die Erfahrung zu genießen. Der Ibn Park ist einer der wenigen zugänglichen Grünflächen in Agadir, da zwei große Parks für Arbeiten geschlossen waren und die prächtigsten Gärten zu königlichen Residenzen gehören. Dieser Park ist relativ neu und besteht aus zwei Teilen, die von einer großen Hauptstraße getrennt sind, es gibt einen Skateplatz, Springbrunnen und mehrere Pavillons wo jüngere und ältere Menschen der ruhigen Atmosphäre erfreuen.
Ansonsten ist Agadir auch eine gute Basis für Tagesausflüge, entweder mit privaten oder kommerziellen Touren oder dem eigenen Auto. „Paradiese Valley“ und die „mini Sahara“ sind etwa eine Stunde entfernt und die Surforte Anza, Taghazout und Tamraght in unter 45 min. zu erreichen.
Ich hatte die Gelegenheit mit meinem Gastgeber und einigen Gästen in die mini Sahara mitzufahren. Auf dem Weg hielten wir am Fluss „Souss“ an, am Parkplatz „Oeud agadir inzegan“ sind am gegenüberliegenden Ufer Flamingos zu beobachten. Hier hatte ich auch zu einer anderen Gelegenheit die Freude das Gebiet auf dem Rücken eines Berber Pferdes mit einem Jungen aus der Nachbarschaft und einem Gast zu erkunden, nebenbei lernten wir noch das ein oder andere über die Amazigh Kultur, die Pferdezucht und die Landschaft um Agadir. Weiter südlich erstrecken sich die großen Sanddünen bei Tifnit bis ans Meer, neben dem wunderschönen kleinen Fischerdorf. Es ist ein schöner Ort, um den Tag an Strand zu verbringen, die Dünen zu besteigen, Sandboarding auszuprobieren, oder zu surfen und dann auf der Düne den Sonnenuntergang zu bewundern. Wie hinter den Dünen der Wüste die Sonne im Meer versinkt war ein magischer Anblick.
Mehr als die Stadt selbst mein Leben und die Arbeit im Ahmeds Gasthaus meine Zeit in Agadir so großartig gemacht, ich empfehle also unbedingt bei ihm zu übernachten, wenn sich die Gelegenheit bietet. Durch das familiäre zusammenleben und die Freiwilligen entsteht eine Hostelvibe in offenherziger marokkanischer Kultur.