Am Morgen hatte ich noch meine Abschlussprüfung und wenige Stunden später war ich mit Steve auf dem Weg nach Süden. Steve ist mein toller, kleiner Fusion mit Regenbogenstoßstange und nun meinem Surfboard auf dem Dach und dem Kofferraum voller Campingkram. Am Montag würde mein Kumpel aus London in Stuttgart dazustoßen und so verbrachte ich das Wochenende mit meiner lieben Freundin Carla in der Stadt. Zur Feier ihres Geburtstages genossen wir die wunderschöne Spätsommersonne dieses Oktoberanfangs.
Montagnachmittag raste ich dann mit Nevil durch die Schweizer Alpen Richtung Fährhafen. Wir schafften es grade noch aufs Schiff in Genua, um nach Porto Torres überzusetzen. Als wir dann an Deck standen und das Festland langsam kleiner wurde ließen wir uns ein Ichnusa schmecken und suchten uns schließlich einen Schlafplatz in einem leeren Salon.
Bei strahlendem Sonnenschein kamen wir auf Sardinien an und läuteten die Zeit mit einem Kaffee und Croissant in einer kleinen Bar mit schönstem Küstenblick ein. Auf dem Weg zu unserem Apartment und Surftrip in Capo Mannu hatten wir genug Zeit ein paar Stopps ein zulegen und konnten neue Orte an der Nord-West-Küste entdecken. Wir fuhren etwas Inland nach Sassari und streiften in der warmen Mittagssonne durch die wunderschönen italienischen Bauten und Gassen und genossen die Umgebung und die Tatsache, dass wir trotz der verrückten Pandemiezeit hier sein konnten. Sardinien hat eine unglaublich gute und sehr besondere Küche, Nevil hatte zum Mittag ein kleines feines familienbetriebenes Restaurant ausgesucht. Schon die kleine ältere Sardin, die uns empfing, machte die traditionelle Küche des Hauses authentisch und wir nahmen an einem der fünf massiven Holztischen mit zugehörigen Bänken Platz. Die Dame plapperte unaufhaltsam in einem fröhlichen, dialektischen Italienisch, von dem wir herzlich wenig verstanden doch das Essen schaffte die Verbindung mühelos und sie servierte uns wirklich leckere Schnecken und Gemüse und weniger köstliche Innereien und Eselsteak. Selbstverständlich durchflosss ein kleiner Strom von meinem Lieblingswein –Sardischer Canonau- dieses Esserlebnis, und da wir nun mal in Urlaub sind nahmen wir noch ein paar Bierchen mit auf die Weiterfahrt.
Als nächstes hielten wir in dem Küstenort Alghero. Der kleinen steinernen Stadtstrand wird von einer sehr schönen hohen Promenade eingefasst und lädt dazu ein sich einen Moment nieder zu lassen und in den Sonnenschein sowie das Rauschen der Wellen einzutauchen. Auch die Gallery mit verschiedensten Klappmessern mit kunstvollen Horn- oder Holzgriffen hat mir sehr gut gefallen und der kleine Laden im alten Turm ist sicherlich für jeden ein Blick wert.
Über die gewundene Küstenstraße fuhren wir schließlich weiter ins 50 km entfernte Bosa. Dieser Ort verzaubert mit engen Kopfsteinpflasterstraßen und bemoosten Gassen entlang eines kleinen Flusses mit steinernen Ufern. Auf der Suche nach einem Snack erstanden wir eine riesige Tüte Brot, welches wohl zum größten Teil aus Luft bestand, die von einer dünnen Lage knusprigen Teigs zusammengehalten wurde. Dieses `Pan de Bosa` begleitete uns noch die ganze Reise über bei vielen Mahlzeiten und Käsesnacks. Nach diesem entspannten, aber dennoch Abenteuerlichen Tag war die Sonne schon längst untergegangen als wir einen verlassenen Campingplatz erreichten. Dort schlugen wir unser Nachtlager auf und fanden sogar noch einen Angeschlossenen Wasserschlauch. Früh am nächsten Morgen wurden wir von der Sonnen und dem Meeresrauschen geweckt, ein Start in den Tag der bei mir sofort Energie freisetzt. Nach einer kurzen Yogasession packten wir unseren Kram wieder zusammen und verließen den abgelegenen Strand spurlos über die unbefestigten schlammpfade. Die Surfer von „Putzu Idu“ schliefen noch und so warteten wir bei Kaffee und Croissant nahe „Is Benas Surf Club“ auf unsere Schlüssel und Surfequipment. Die Session war der perfekte Wiedereinstieg, das Wasser hatte mit etwa 20°C noch eine angenehme Temperatur um mit 2mm Shorty in der Vormittagssonne zu Surfen und die Wellen waren wundervoll freundlich bei ca. einem Meter.
Streets of Bosa
Am Nachmittag wurde das Meer unruhiger und somit war die zweite Surfsession fordernder im Hinblick auf mein kleines Trauma doch am Abend war das alles vergessen als mein lieber Freund Bertrand mit seinem Camper vor der Tür stand. Er war aus Frankreich gekommen und blieb für die nächsten 6 Tage mit uns in dem wunderschönen Surfapartment. Es war ein absoluter Glücksgriff gewesen, ich hatte über den Surf Club nach Unterkunft gefragt und wir wurden unerwartet in dieses geräumige Apartment direkt vor dem Surf Spot gesteckt und mindestens fünf weitere Spots waren innerhalb von 15 Minuten mit dem Auto erreichbar. Der große Wohnraum mit Balkon und Meerblick war gemütlich mit riesigen Holztüren und Surfbrettern an den Wänden eingerichtet. Jeden Tag stürzten wir uns in die Wellen und ließen es uns kulinarisch gut gehen, es fand sich immer eine tolle Gruppe Freunde zusammen, um eines der vielen leckeren Restaurants in der Umgebung zu besuchen oder im Surfapartment zu kochen. [Die beste Pizza haben wir gegenüber von „crai“ Supermarkt gefunden und wenn du es schaffst bei einem Abendessen im Hotel „Menhirs“ dabei zu sein lass es dir nicht entgehen. Der Koch kreiert mit größter Leidenschaft sein Menu für den Abend, an der Bar gibt es guten Wein und lokale Schnäpse.
Nachdem wir die Zeit am Meer so richtig ausgekostet hatten, wurden wir neugierig was es auf der Insel sonst noch so zu entdecken gibt. Bertrand und ich reiten super gerne und Nevil hatte Lust es auszuprobieren und nach einiger Recherche fanden wir einen Hof in der Nähe des „Lago de Gusasa“. Der liebenswürdige Besitzer des „Centro Equestre Taloro“ schaffte uns ein einzigartiges Erlebnis. Als wir um 9:30 dort ankamen wurden wir mit Kaffee und selbstgebranntem empfangen. Der Papierkram nahm einige Zeit in Anspruch und so saßen wir zusammen, sprachen freudig in gebrochenem English-Italienisch-Spanisch und waren angenehm angeheitert als die Pferde bereit waren. Dies schien den Ausritt noch spaßiger und die Landschaft noch schöner zu machen. Für ein gutes Stück kletterten wir bergauf und bergab durch die umliegenden Berge und kamen zu der schönsten Galoppstrecke entlang des Sees. Mein Pferd hatte schon die ganze Zeit Lust zu rennen gehabt und mit Ihm durch die Natur zu Galoppieren, die Sonne auf der Haut war ein Gefühl von intensiver Freiheit und Präsenz im Hier und Jetzt.
Die nächsten zwei Tage fuhren wir langsam nach Nord-Osten, sahen einige wunderschöne Orte und lebten in der Freiheit dort unser Lager aufzuschlagen, wo wir müde wurden. Nevil hatte ein wenig recherchiert und führte uns zu einer der schönsten Buchten, die ich bisher gesehen habe. Vom Parkplatz aus führt eine einstündige Wanderung zur „Cala Goloritz“. Wir stiegen die bewaldeten Klippen hinab, bis sich vor uns das kristallklare hellblaue Wasser in einer kleinen Bucht umgeben von atemberaubenden Felsformationen eröffnete.
Ein auch persönlich sehr kraftvoller Ort für mich ist das „Capo Testa“ in Norden. Hier kann man an den meisten Tagen nach Korsika rüber schauen und beobachten, wie das Meer sich durch die Straße von Bonifacio drückt und die Wellen mit einer unglaublichen Kraft gegen die Felsen schlagen. Schon als wir ankamen war der Himmel grau und immer wieder sahen wir große Regenwolken über Meer auf uns zu ziehen, ein paar Minuten bevor sie sich rauschen über uns ergossen. Dieses gewaltige Wetter war nicht das angenehmste, um über die Felsen zu klettern, doch es passt an diesen Ort wie an keinen Anderen. Wir suchten Schutz unter Felsvorsprüngen oder an Gemäuern um den alten Leuchtturm, tranken Grappa und erfreuten uns an dem Naturspektakel.
Schließlich war der Grappa leer und der Regen prasselte unaufhörlich also nahmen wir einen kleinen Pan de Bosa und Käse Snack in Auto und fuhren zurück nach „Santa Teresa di Galura“. Dort fanden wir eine Kaffebar und verbrachten den Rest des Abends trinkend und mit den Einheimischen quatschend, die genau wie wir in diesem dunklen Regenwetter nichts anderes zu tun hatten als hier das Leben zu gennießen.
Nevil hatte am nächsten Morgen seinen Heimflug von Olbia. Wir übernachteten in Bertrands Van in einer ruhigen Straße nahe dem Flughafen. Nach unserem letzten gemeinsamen italienischen Frühstück aus Kaffee und Croissants verabschiedeten wir uns von Nevil. Am Abend würde auch ich die Insel Richtung Heimat verlassen. Vorher fuhren wir aber noch an den „Spiagge del Principe, angeblich einer der zehn schönsten Strände auf Sardinien. Die Insel ist erfüllt von unterschiedlichsten, wunderschönen Stränden und Buchten, dass es schwer wäre, die Schönsten zu bestimmen, aber dieser ist tatsächlich besonders schön. Die kleine, aber auslandende Bucht breitem, hellen Sandstrand und klarem türkis-blauen Wasser ist von niedrigen, runden Felsen eingefasst. Zum Inland hin ist sie von grün Bewaldeten Hügeln umgeben, die sich zum Strand hinunter und bis auf die kleine Landzunge ziehen, die mittig der Bucht ein paar Meter ins Meer ragt.
In Olbia legen Fähren zu verschieden Häfen im Mittelmeer ab, als ich meine Karte nach Genua am Schalter kaufte war ich versucht kurzerhand über Spanien zu fahren oder gar auf Sardinen zu bleiben. Aber die Reise musste hier für mich Enden und so stand ich wenig später mit einer Flasche Ichnusa an Deck und sah die Lichter langsam in der Ferne kleiner werden, wie zwei Wochen zuvor das Festland verschwand nun Sardinien zwischen dem dunklen Meer und Himmel. Ein wenig trauerte ich um das Ende dieser schönen Zeit und ich bin mal wieder überaus glücklich und dankbar für die Erlebnisse, die neuen Eindrücke und die einzigartigen Geschichten.